Der Panketaler Kopf Jochen Bona im Bucher Boten

von Hubert Hayek

Bei meinem ersten Besuch bei Jochen Bona in Zepernick habe ich Schwierigkeiten, den richtigen Eingang zu finden. Ich klingle zuerst vergeblich am Haupthaus, durchquere dann eine naturbelassene parkähnliche große Wiese, ein richtiger Zaun fehlt. Dann erreiche ich das über 100 Jahre alte Gartenhaus und muss erst nach einer Eingangstür suchen. Auf das Gelände angesprochen, meint Bona: »Na, das sieht doch richtig aus wie bei einem Grünen. Als mein Sohn Fabian noch im Schulalter war, wurde hier Fußball trainiert. Heute bin ich froh, wenn er mich monatlich aus dem Wedding besuchen kommt und wir unsere Ballkünste zusammen ausprobieren«.

Kennengelernt hatten wir uns bei Gemeindevertretersitzungen, als ich ihn sachlich attackierte und er konterte und dabei politische Gegner und die Presse bloßstellte. Als Zuschauer der GV-Sitzungen in den Jahren um 2005 hatte ich den Bündnisgrünen Jochen Bona als einen der »drei jungen Wilden« eingeordnet. Sie kamen sich wohl wie die Hechte im Karpfenteich vor. Und die Karpfen reagierten sauer und disziplinierten gelegentlich die »Quertreiber«. Ich fand das als Zuschauer eher erfrischend: Es brachte etwas Leben in die oft langatmigen Sitzungen.

Manchmal wunderte ich mich bei den sachlichen Argumenten von Bona, dass es nicht zu einer rot-grünen Verbindung kam. Aber die SPD-Fraktion lehnte den Umgangston von Bona ab. Dabei war die Fraktion einst mit Bona sehr verbunden, denn seine geschiedene Ehefrau Dr. Ulrike Bona war einst SPD-Fraktionsvorsitzende und Gründungsmitglied des Zepernicker Ortsvereins.

Die Argumente, die Jochen Bona vorbrachte, gefielen mir meist gut, jedenfalls besser als die einiger anderer Gemeindevertreter. Weniger gut gefiel mir, dass er häufig den Bürgermeister als Leiter der Verwaltung angriff, wobei das schon mal einen persönlichen »Zungenschlag« bekam; obwohl er wohl auf einige andere Verwaltungsmitarbeiter zielte.

Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass ihm die Rolle als »Ein-Mann-Opposition« liegt. Bona fühlt sich offensichtlich durch seine guten persönlichen Wahlerfolge für den Kreistag Barnim und die Gemeindevertretung in Panketal zum streitbaren Handeln legiti- miert. Immerhin wurde er bei den Kommunalwahlen 2008 vom 14. und letzten Grünen-Listenplatz in die Gemeindevertretung gewählt.

Der Dipl.-Ing. für Verkehrsbauwesen (Jahrg. 1949) ist in Sonderhausen (Thüringen) geboren und aufgewachsen. Er studierte an der TU Dresden. Als leidvoll erfahrener Oppositioneller zu DDR-Zeiten zeigt er mir mit einem gewissen Stolz Einträge aus seiner Stasi-Akte. Zu den Stasi-Fotos von Spaziergängen im Prenzlauer Berg sagt er jetzt lächelnd: »Das hatten wir damals gar nicht bemerkt«.

Aus dieser Zeit stammt auch die kritische Distanz zu den Abgeordneten der Linken, die als offizielle oder inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit belastet sind. Der »Bericht über die erfolgte Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR« wurde zuletzt im November 2012 in der Panketaler Gemeindevertretersitzung  behandelt und die Diskussion um die nach Meinung einiger Abgeordneter mangelhafte Stellungnahme eines Betroffenen ist noch nicht abgeschlossen. »Wenn die sich dazu bekennen und erkennen lassen, dass sie ihre Meinung geändert haben, ist das okay«, meint Jochen Bona. »Aber lesen Sie mal deren letzte Beiträge im ‘Roten Adler’ (Zeitung der Linken in Panketal), da wird mir übel. Ich möchte verhindern, dass die jetzt einfach weitermachen und die Politik beeinflussen, als sei nichts geschehen.«

Nicht nur in der Gemeindevertretung bringt er immer wieder Erkenntnisse und Wissen aus seiner Tätigkeit in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und seiner ehrenamtlichen Arbeit für den Deutschen Bahnkundenverband mit ein. Überhaupt besticht er durch die Kenntnis vieler Sitzungsprotokolle und dokumentierter Diskussionsbemerkungen der Ausschüsse und der GV. Er ist ein durch und durch politischer Mensch, der auch das Anecken durchaus einplant.

Wenn man versucht, ein wenig im Privatleben zu sondieren, dann erfährt man, dass seine Ex-Frau Ärztin, aber auch Gründungsmitglied der SPD in Zepernick war. Und dass im Nebenzimmer im November ‘89 die Gründungsversammlungen der Zepernicker SPD und der Grünen Partei Frankfurt/O. hintereinander stattfanden. Da kommt das Vorzeigen eines tschechischen Senfglases mit der Aufschrift »Bona« fast überraschend persönlich und erst recht der Kommentar: »Wir haben die früher gesammelt und mein Sohn sagte einmal als er noch recht klein war, ‘Wenn Opa gestorben ist und Du nicht mehr lebst, dann bleiben wohl nur noch die Senfgläser’«.

Mit dem Tod oder eben dem »Beinahe-Tod« hat er auch schon so seine Erfahrung gemacht. Am 4. Dezember erlitt der passionierte Radfahrer einen Herzinfarkt. Der Zusammenbruch erfolgte nachts in seinem Schlafzimmer. Durch den Sturz erlitt er Rippenbrüche und eine Rippenfellblutung, bevor er selbst den Notarzt rief. Im Arztbericht liest man vom zweimaligen »kardiogenen Schock«. Dieser Zustand kann nur durch sofortiges medizinisches Eingreifen behoben werden. Jochen Bona lobt mit Recht das Geschick der Ärzte, die ihm einen Stent in einen Ast eines Herzkranzgefässes eingebracht und damit die Sauerstoffversorgung der Herzmuskulatur wieder hergestellt haben. Am 17. 12. wurde Bona entlassen und sollte am 18. 12. zur Anschlussheilbehandlung in der Brandenburgklinik Wandlitz aufgenommen werden. Am Abend des 17. Dezember nahm er an der Gemeindevertretersitzung im Panketaler Rathaus teil. Die meisten Anwesenden hatten von der Vorgeschichte keine Ahnung und wunderten sich vielleicht über sein verhältnismäßig zahmes Auftreten.

Um gleichsam sein durch und durch politisches Leben zu dokumentieren, berichtet er nach Entlassung aus der Reha-Klinik mit ironischem Lächeln von seinem Aufenthalt in Wandlitz: »Da hatte ich einen wunderschönen Ausblick auf die Siedlung der ehemaligen Politbüro-Mitglieder. Die jetzt unbewohnten Häuser der Honeckers, Mielkes und Co. haben den Genesungsprozess sicher befördert«.

Hubert Hayek

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